Rede zur Eröffnung
Lieber Thomas Stricker,
lieber Bürgermeister Daniel Zimmermann,
liebe Monheimerinnen und Monheimer,
liebe Gäste von nah und fern,
ich freue mich sehr, hier heute anlässlich der feierlichen Eröffnung des Monheimer Geysirs zu sprechen – ein ungewöhnliches Kunstprojekt im öffentlichen Raum, dessen Geschichte im Jahr 2018 beginnt und das seit gut zwei Jahren für Aufruhr und Vorfreude in der 40 000- Einwohnerstadt Monheim sorgt.
Aufruhr ist dabei durchaus wortwörtlich zu verstehen, im Sinne von Aufrühren. Als ich gemeinsam mit Thomas Stricker im Sommer dieses Jahres die Baustelle besucht habe, war ich – trotz der Vorwarnung, es handele sich um ein sehr großes Vorhaben – tatsächlich baff über das Ausmaß der notwendigen Umbaumaßnahmen, bis hin zu dem neu entstandenen unterirdischen Technikraum.
Ein bisschen Aufruhr gab es wohl auch beim Bund der Steuerzahler, aber das ist im Zusammenhang mit Kunstprojekten wenig Neues. Mit Protesten gegen die langweiligen Durchschnittskosten von 10 Millionen Euro pro Kilometer Autobahnausbau lässt sich PR-technisch wohl kein Blumentopf mehr gewinnen.
Aber vor allem gibt es sehr viel Spannung und Vorfreude – so viele unterschiedliche Menschen und verschiedene Gewerke waren an der Entstehung des Projekts beteiligt und haben bis zuletzt mitgezittert –, das brauche ich Ihnen gar nicht zu erzählen.
Um die Zeit bis zum ersten Ausbruch des Geysirs ein wenig zu verkürzen, möchte ich Sie bitten, mit mir ein Gedankenexperiment zu machen. Stellen Sie sich vor, wir schreiben das Jahr 2025 und die unregelmäßigen Ausbrüche des Monheimer Geysirs wären schon seit vielen Jahren Realität. Wir stehen also wieder einmal vor der roten Ampel und warten, um den Kreisverkehr durchfahren zu können – ein lustiges und widersprüchliches Bild, das allen Monheim-Vertrauten mittlerweile ans Herz gewachsen ist.
Und nebenbei eine schöne Metapher für Prozesse, die eigentlich flüssig laufen sollten und doch immer wieder zum Stocken kommen, wie die Umsetzung von Kunst im öffentlichen Raum zum Beispiel. Realisierungszeiten von drei bis vier Jahren für bauliche Projekte sind keine Seltenheit. Auch wenn die Kunst eigentlich gewünscht wird, so bleibt sie doch ein administrativer und juristischer Sonderfall. Während die beteiligten Ämter und Behörden versuchen, eine jeweils andere Institution als die eigene für verantwortlich zu erklären, gilt es für die Initiatorinnen und Initiatoren in mühsamer Kleinarbeit die tatsächlichen Zuständigkeiten herauszufiltern. Darüber kann viel Zeit ins Land gehen. Thomas Stricker erzählte mir im Vorgespräch von einem Projekt, an dem er, begonnen 2009, nun schon seit elf Jahren arbeitet.
Die Stadt Monheim scheint hier eine löbliche Ausnahme zu sein, bei der der politische Wille zur Förderung von Kunst und Kultur als eine gemeinsame, gesamtstädtische und interdisziplinäre Aufgabe gelebt wird. Dazu gehört nicht zuletzt ein Bürgermeister, der auf die Frage, warum der Geysir ausgerechnet an diesem Standort stehen müsse, statt an einer anderen Stelle, wo er weniger störe, antwortet: „Weil es dann eben doch nicht viel mehr als ein großer Springbrunnen wäre, wie einige ja gern behaupten. Nicht die Stelle wurde für den Geysir ausgewählt, sondern der Geysir für diese Stelle.“
Erklärtes Ziel ist es, möglichst vielen Menschen kulturelle Teilhabe zu ermöglichen. Das beginnt bei Kindern und Jugendlichen, die nach dem Konzept der Kunst- und Musikschule Kunst, Kultur, Spiel und Medien als spezifische Ausdrucksformen des Menschen kennenlernen, und setzt sich mit einem Schwerpunkt auf Kunst im öffentlichen Raum fort: Das heißt, man begegnet der Kunst außerhalb ihrer musealen Räume, man trifft sie sozusagen auf Schritt und Tritt. Ohne feste Verhaltensregeln. Und man kann sich jedes Mal aufs Neue daran erfreuen, sich über die Werke wundern, sich öffentlich aufregen oder ganz allgemein ins Philosophieren verfallen.
Oder in den Worten von Katharina Braun, Leiterin der städtischen Kunstschule und zuständig für den Bereich Kunst im öffentlichen Raum: „Der Geysir hat für eine Diskussion über Kunst gesorgt, die es in unserer Stadt vorher so noch nicht gegeben hat und das bevor er überhaupt fertig gestellt wurde. Kunst, über die gesprochen wird, ist mir immer lieber als Kunst, über die nicht gesprochen wird.“
Permanente Projekte im Außenraum – so habe ich es einmal in anderem Zusammenhang formuliert – haben ein generöses Verhältnis zur Zeit. Geduldig lassen sie es zu, dass ihr künstlerisches Selbstverständnis mit jeder Begegnung erneut in Frage gestellt wird. Aus Unverständnis wächst Liebe, spontane Zuneigung gerät zur Gewohnheit, Ablehnung weckt Interesse, Vertrautheit mündet in Begeisterung – oder andersherum und immer wieder aufs Neue. Weder durch kurzfristige Öffnungszeiten noch durch eine festgesetzte Ausstellungslaufzeit ist ein zeitlicher Rahmen für die Beziehung vorgegeben. Rund um die Uhr, in individuell und gesellschaftlich wechselnden Stimmungslagen, behauptet eine langfristig angelegte Kunst im öffentlichen Raum ihre Existenz. Sie bündelt die Energie, die für ihre Umsetzung von Nöten war. Und auch wenn diese Kraft nicht bis in alle Ewigkeit gespeichert werden kann, so überdauert sie doch das Tagesgeschehen.
Genau. Und deshalb stehen wir in Gedanken jetzt auch fünf Jahre nach der Eröffnung im Jahr 2020 im Stau vor der Ampel am Kreisverkehr. Inmitten der geheimnisvollen Nebelschwaden, die beständig und zauberhaft über dem moosbepflanzten Geysir-Becken wehen, beginnt es bereits kräftig zu brodeln.
Hatten wir denn schon 64 Sonnenstunden?, fragen sich die Einheimischen nun. Hast du darauf geachtet, Schatz? Ist der Klimawandel schon so weit fortgeschritten, dass der Geysir in diesem Monat bereits ein viertes Mal ausbricht? Auch die Fußgängerinnen und Fußgänger stellen sich beim Anblick der wartenden Autos die gleiche Frage: Ist es schon wieder soweit? Stimmt, heute Morgen im Radio wurde bereits darüber spekuliert. Etliche Handys werden gezückt: Hi Chef, ich komm heute etwas später, der Geysir… Oder: Pack die Kinder ein, ihr müsst kommen, gleich bricht der Geysir aus. Smiley.
Ich stelle mir das ein wenig wie eine Sonnenfinsternis vor: Ein kollektives Ereignis, das den Alltag durchbricht und nahezu die Leben aller Einwohnerinnen und Einwohner für eine kurze Zeit miteinander verbindet. Man sieht das fast als filmische Parallelmontage vor sich. Wo waren Sie, als der Geysir heute ausbrach?
Genau diese Art von Selbstverständlichkeit hat Thomas Stricker sich von Anfang an für sein Projekt gewünscht. Die Aufmerksamkeit soll dem Geysir und der Ästhetik seines Erscheinens gelten – und nicht dem Kreisverkehr. Das heißt, der Geysir wird nicht durch die vorangegangene Einladung an den Künstler, ein Projekt für den neu entstehenden Kreisverkehr zu schaffen, legitimiert, sondern umgekehrt. Alle künstlerischen Setzungen, von der Idee über die sorgfältige Gestaltung des Bodens bis hin zur bis ins Detail ausgetüftelten Choreografie des Ausbruchs selbst, zielen darauf ab, den Eindruck zu erzeugen: Der Geysir war zuerst da und logischerweise musste dann der Verkehr um ihn herumgeführt werden.
Im Jahr 2025 – davon kann man ausgehen – hat sich diese Selbstverständlichkeit dann tatsächlich verselbstständigt: Mit einem plötzlichen Geysir-Ausbruch, das ist jedem in Monheim klar, muss man immer rechnen. Und das gilt dann auch bei allen Beteiligten als eine plausible Erklärung dafür, dass ein Tag ganz anders verläuft als geplant.
Ein Großteil der westlichen Welt befindet sich immer noch in dem Irrglauben, man könne alles kontrollieren und erst recht die Natur. In Monheim holt sich die Natur ihr Recht auf Unberechenbarkeit zurück. Wir erleben eine durch die Natur gesteuerte Kunst, die neue Regeln aufstellt.
Im Sommer werden wir bei durchschnittlich sieben Sonnenstunden pro Tag etwa alle neun Tage einen Ausbruch haben, im Winter bei durchschnittlich 1,6 Sonnenstunden ungefähr alle 40 Tage, lauten die Berechnungen des Künstlers für das Jahr 2020. Wie mag die Situation in Anbetracht der globalen Erwärmung wohl in fünf Jahren aussehen?
Das auslösende Moment für einen Ausbruch hat Thomas Stricker lange Zeit im Unklaren gelassen. Ihm gefiel es, den unterschiedlichsten Spekulationen Raum zu geben. Mit der späteren Entscheidung für die 64 Sonnenstunden als Taktung fiel auch die Entscheidung, das Projekt zu einem realen Seismographen des Klimawandels zu erheben.
Einmal abgesehen von der Magie der Quadrat- und Kubikzahl 64, die uns zum Beispiel auch in der Bibel oder beim Schach begegnet, traf der Künstler mit dieser Festlegung nicht zuletzt auch eine bildhauerische Entscheidung über das immaterielle Material, das er einbringen wollte: Die Zufälligkeit der wilden Spekulationen wird durch den expliziten Bezug auf den Klimawandel zu einer Aussage von größerer Eindeutigkeit und Bedeutung geformt.
Auch die Begründung für die Geysir-Idee überhaupt, ist eine durch und durch bildhauerische. Als skulptural arbeitender Künstler habe er, so Stricker, den Kreisverkehr als Sockel unmöglich akzeptieren können. Stattdessen musste er ihn durch die ästhetische Behauptung, der Geysir sei zuerst da gewesen – und die damit vollzogene konzeptionelle Umkehr der Zeitverhältnisse –, als skulpturalen Träger negieren. Das leuchtet sofort ein. Spätestens seit der Diskussion um Rodins Denkmal Für die Bürger von Calais (1889) ist ein unbeschwerter Umgang mit der Sockel-Frage nicht mehr möglich.
Auguste Rodin, 1840 in Paris geboren, 1917 im französischen Meudon gestorben, ist als Begründer des Zeitalters der modernen Skulptur und Plastik in die Geschichte eingegangen. Seine Bronze mit dem Originaltitel Les Bourgeois de Calais gilt als Wendepunkt zugunsten der Demokratisierung des Denkmals, da Rodin in einer Gruppe von sechs Figuren auf eine Hierarchisierung der Ansichten verzichtete. Die Betrachterinnen und Betrachter müssen sich um die Skulptur herumbewegen, um das gesamte Werk zu erfassen. Gleichzeitig war es Rodins Absicht, das Denkmal durch eine ebenerdige Aufstellung wortwörtlich vom Sockel zu holen. Seinem Wunsch, der einen klaren Bruch mit den konventionellen repräsentativen Darstellungen des 19. Jahrhunderts bedeutete, kam man jedoch erst nach seinem Tod im Jahr 1924 nach. Der Sockel wurde also erst über dreißig Jahre später und nach langen Streitigkeiten entfernt – dies mag einen Eindruck von der politischen Schlagkraft der Entscheidung vermitteln.
Die Ampel zeigt immer noch Rot. Der Nebel tanzt, das Brodeln und Zischen schwellen an. Bleiben wir noch einen Moment bei Rodin.
Zwölf Exemplare gibt es von den Bürgern von Calais, weltweit verteilt von Calais bis New York, von Basel bis Seoul. In einer eindrucksvollen Fotoserie aus dem Jahr 2000 dokumentierte die Fotografin Candida Höfer, die wie Thomas Stricker an der Düsseldorfer Kunstakademie studiert hat, wie radikal die unterschiedlichen Aufstellungsorte die Wahrnehmung der von ein und derselben Gussform stammenden Skulptur verändern. Es gibt keine autonome Skulptur, die unabhängig von ihrem Umraum und Kontext existiert – das lässt sich anhand von Höfers Arbeit sehr anschaulich nachvollziehen.
Dieser kleine Umweg führt uns direkt ins Herz von Thomas Strickers Grundkonzept der Skulpturalen Fragen, so auch der Titel seines 2011 erschienen Katalogs, auf den nun im November ein zweiter Band folgt, in dem dann auch der Monheimer Geysir dokumentiert sein wird.
Was kann wo unter welchen Umständen Skulptur sein? Diese Frage durchzieht Thomas Strickers gesamtes Werk. Seit 1996 arbeitet er in diesem Zusammenhang strukturierend mit dem Konzept der 108 skulpturalen Fragen. Es bildet eine Klammer um seine weitgefächerte Arbeitsweise, eine Art offenes Gefäß, das ihm im Feld der zeitgenössischen Skulptur eine größtmögliche Experimentierfreudigkeit erlaubt. Mit jedem Projekt entsteht eine „skulpturale Forschungsreise“, die die ortsspezifischen Bedingungen untersucht, unter denen speziell an diesem Ort und in dieser Situation ein Objekt oder eine Handlung Skulptur sein kann. Die prozessorientierten Werke, die daraus in den letzten Jahrzehnten entstanden sind, könnten unterschiedlicher kaum sein. Ihre Bandbreite reicht von einem Schulgarten in Namibia, bei dem die sozialen Aspekte der Wissensvermittlung und des gemeinsamen Gärtnerns im Vordergrund stehen, bis hin zur skulpturalen Erfindung von Naturphänomen wie Blitzen, Meteoriten und Geysiren.
Das Projekt Primary Schoolgarden Kalkfeld entstand 2007 mehr oder weniger ungeplant aus einem Besuch von Thomas Stricker im Etaneno Museum im Busch von Namibia. Ursprünglich eingeladen, um im Museum ein eigenes Projekt zu verwirklichen, entschied Thomas Stricker nach einem Gespräch mit der Schulleiterin Matilda Kharuchas im benachbarten Township Kalkfeld, lieber ihr und den Kindern beim Aufbau eines Schulgartens zu helfen. Das nötige Wissen dazu hat er von seiner Mutter gelernt, in St.Gallen Mitbegründerin der ersten selbstverwalteten Quartierkompostieranlage und eine gefragte Vortragsrednerin. „Ich hatte einen Bezug zum Garten, so wie ein Nomadenjunge eine Ziege schlachten kann“, erzählt Thomas Stricker im Interview mit Josef Felix Müller.
Die Materialien, die bei diesem Projekt in der nach wie vor durch die Folgen der Apartheid geprägten Kleinstadt Kalkfeld mit 3000 Einwohnerinnen und Einwohnern, mit einer hohen Rate an Arbeitslosigkeit und vielen HIV-Infizierten, zum Einsatz kommen, sind vor allem Zeit, Wissen, Pflanzen – und eine allumfassende solidarische Liebe zu den Menschen im Dorf.
In Anlehnung an den um Aspekte des gemeinsamen sozialen und politischen Handelns erweiterten Kunstbegriff von Joseph Beuys lässt sich das Projekt, das im Katalog Skulpturale Fragen als Frage Nr. 36 aufgeführt wird, als eine soziale Skulptur bezeichnen, die bis heute wächst und andauert. Zahlreiche Reisen haben den Austausch in den letzten 13 Jahren intensiviert. Die Spuren des Projekts im Dorf sind nicht zu übersehen und auch im alltäglichen Leben des Künstlers Thomas Stricker nimmt es einen großen Raum ein.
Andere Situationen erfordern andere Setzungen. Strickers im Rahmen der von Stephan Schmidt-Wulffen und Achim Könneke kuratierten Ausstellung Aussendienst im Jahr 2000 in Hamburg realisierte Meteoritenwerkstatt habe ich vor vielen Jahren selbst miterlebt. Die mit dem Projekt entstandene Skulptur, eine organisch wirkende große Kugel aus Spritzbeton mit silbrig-glänzender Palladium-Haut, steht bis heute unweit der Hochschule für Musik und Theater an der Hamburger Außenalster.
Während das Objekt als solches alle Anzeichen einer sogenannten Drop Sculpture trägt – ein von oben herabgefallener Himmelskörper, dessen Einschlagskrater man allerdings vergeblich sucht –, ging ihm tatsächlich ein langer partizipatorischer Prozess im physischen und im virtuellen Raum voraus. Thomas Stricker lebte damals mehrere Wochen auf der Baustelle vor Ort und empfing täglich Besucherinnen und Besucher in seinem Zelt, um mit ihnen zu diskutieren und sie an der Entstehung der Skulptur teilhaben zu lassen. Die dazugehörige Webseite, auf der jeden Tag ein neues Foto des aktuellen skulpturalen Zustandes veröffentlicht wurde, ist bis heute online und bezeugt ein frühes Bewusstsein für die digitalen Kommunikationsmöglichkeiten.
Ähnlich wie bei dem Monheimer Geysir, der ein Naturspektakel nachahmt, um die Rolle der Kunst für die Gesellschaft zu manifestieren, bediente sich Thomas Stricker auch bei der Meteoritenwerkstatt bei einem natürlichen Phänomen, um die Skulpturale Frage Nr. 14 nach Ortsspezifik, Prozess und Partizipation kritisch zu thematisieren. Auch wenn die Skulptur für einen bestimmten Ort und in einem bestimmten Kontext entstanden ist, bleibt sie letztlich als physisches Relikt der vorangegangenen Prozesse nur ein ebenso verführerischer wie hermetisch verschlossener Fremdkörper – von dem Paradox wie ein Meteorit vom Himmel gefallen und doch mühsam in einer Werkstatt erarbeitet wurde, zeugt bereits ihr Titel.
Diese Form der mehrbödigen Reflexion von gedanklicher und gestalterischer Sorgfalt ist absolut charakteristisch für die Projekte von Thomas Stricker, der 1962 in St.Gallen geboren wurde und dort zunächst eine Ausbildung als Elektromechaniker absolviert hat. 1986 begann er dann bei Tony Cragg und Klaus Rinke sein Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie, auf das schon bald zahlreiche internationale Beteiligungen an Einzel- und Gruppenausstellungen folgten.
Noch vor wenigen Tagen bekam ich von ihm eine grafische Ansicht des computergesteuerten Geysir-Ausbruchs sowie eine genaue Zusammenstellung der für den Boden verwendeten Steine und Moose. Klangvolle Namen sind darunter: Sternmoos, Polster-Thymian, Spinnweb-Hauswurz und Rotes Katzenpfötchen. Jedes Detail ist bis in Kleinste überlegt und dramaturgisch zu einer Komposition von großer Schönheit zusammengefügt.
Deshalb kann die Landschaftsarchitektur im Becken auch für sich stehen. Sie überzeugt auch dann, wenn der Geysir nicht ausbricht. Da dieser Zustand die Regel ist, ist das ein sehr wichtiger Aspekt der Arbeit. Das Becken ist geheimnisvoll, lebendig, und dank des Nebels entstehen im Zusammenspiel mit der Umgebung immer neue Bilder. Wenn die Fontäne dann – nach 64 Sonnenstunden – in die Höhe spritzt, baut sie sich kaskadisch in mehreren Stufen auf. Als abrupter und vertikaler Strahl ergänzt sie den horizontalen und kontinuierlichen Fluss des Rheins um eine gegenläufige und kontrapunktische Achse.
Meine innere Uhr sagt mir, dass ich meine Ausführungen und wir unseren gemeinsamen gedanklichen Ausflug in das Jahre 2025 nun beenden müssen.
Denn hier und jetzt passiert gleich etwas.
Abschließen möchte ich, – weil es alles Vorhergesagte treffend auf den Punkt bringt –, mit einem Zitat von Thomas Stricker im Gespräch mit Pia Witzmann aus dem Jahr 2011:
„Das Feld der Fragen ist mir lieber als das der Antworten. Mich interessiert vor allem, was Skulptur sein könnte. Die Möglichkeit, die Utopie, die suche ich, die interessiert mich. Aus meinem Blickwinkel heraus kann Skulptur fast alles sein. Skulptur ist Realität, im Gegensatz zur Malerei, zu einem Bild, sie begegnet uns in drei Dimensionen als reales Gegenüber. Auch in der vierten Dimension, als zeitlich-realer Prozess. Das ist das Großartige an der Skulptur, dass sie Teil des realen Lebens ist und auch da eingreifen kann. Und natürlich auch das Problem, denn ich stelle die Welt auch weiter voll, immer in der Hoffnung auf Etwas, das sein reales, materielles Dasein auf einer immateriellen, emotionalen und geistigen Ebene wieder wettmacht. Vielleicht ist eine Skulptur, im besten Fall, ein Ding, welches mir nicht die Sicht versperrt, sondern meinen Horizont erweitert?“
Vielen Dank!